Wollt ihr wissen was Arbeitslosigkeit mit Menschen macht? Schon vor 85 Jahren wurde das bahnbrechend erforscht. Vom roten Wien. Von der großen Marie Jahoda u den großen Paul Lazarsfeld u Hans Zeisel. Die Arbeitslosen von Marienthal hat im Großen und Kleinen gezeigt was das heißt.
Die wichtigste Erkenntnis ist, dass Arbeitslosigkeit nicht radikalisiert, sondern langsam und beständig paralysiert. Die Menschen verlieren das Gefühl für Zeit und Struktur. Die Stunden vergehen bleieren, es gibt nichts zu tun.
der berühmte Satz „Einstweilen wird es Mittag“ stammt aus einer selbstgefertigten Tagesbeschreibung eines Arbeitslosen: Aufstehen, paar Bissen Essen, zur Brücke gehen, zurück gehen, nochmal zur Brücke gehen – Einstweilen wird es Mittag.
Das für mich Schlimmste sind die Beschreibungen der Kinder. Die Forscher_innen haben sich die Kinderzeichnungen und die Briefe ans Christkindl angeschaut. die Kinder haben keine Perspektive in die Zukunft mehr. Das ist herzzereissend.
Sie formulieren nur mehr praktische Wünsche und die auch nur im ganz kleinen Rahmen. Und die Meisten wünschen sich Arbeit für die Eltern. Aber sie selbst als Kinder mit Wünschen wie Teddy Bär oder Eisenbahn existieren nicht in dieser Welt. Sie haben keine Kindheit.
Das ganze Alltagsleben wird langsam und eng. Die Menschen gehen sogar langsamer. Weil sie nirgends haben, wo sie hin gehen können. Arbeitslosigkeit frisst sich in jeden Bereich des Menschseins und traumatisiert nicht nur die Betroffenen sondern wirkt intergenerational.
Unter dieser Last, die Jahoda, Lazarsfeld, Zeisel, schon vor 85 Jahren beschrieben haben zu leben ist eine große Anstrengung. Dementsprechend wichtig ist es, dass es finanzielle Absicherungen gibt und man Arbeitslosen mit Respekt begegnet. Sonst sind wir wieder in Marienthal.
(ein Hoch auf die einmischende, parteiergreifende, aktivistische Sozialforschung)
(ein Hoch auf das rote Wien)